Bosrucker Deklaration

November 2021. Aktivist:innen der ÖLI-APS tagen am Fuße des Bosruck  und beschäftigen sich mit der Zukunft. Diese erscheint trotz strahlendem Sonnenschein düster bis undurchsichtig.
Undurchsichtig, wie die Ressourcenverteilung für die Pflichtschule, über deren Höhe nichts bekannt ist. Der Bund stellt den Bundesländern die Mittel zur Verfügung. Wie diese berechnet werden, wissen wir nicht:

Wir fordern die vollständige Offenlegung des einstelligen Milliardenbetrags.
Auch die Finanzierung der Sommerschule liegt im Dunkel. Verkürzt das neue Angebot am Ende das Jahresbudget für Pflichtschulen?
Die derzeitige Konzeption der Sommerschule ist ineffizient. Etwaige Betreuungsangebote im Sommer sind grundsätzlich zu befürworten, jedoch von außerschulischen Organisationen zu tragen.
Die türkis-grüne Bundesregierung nimmt Schüler:innen und Lehrer:innen in die Pflicht. Verpflichtende Tests (IKM, MIKA, Lesetests) erzeugen ebenso Druck, wie überbordende Bürokratie.
Ihr Sinn scheint sich in ihrer leichten Kontrollierbarkeit durch vorgesetzte Ebenen zu erschöpfen.
Wir fordern ein Ende des Testwahnsinns[1], da sich Kinder nicht im Gleichschritt entwickeln und lernen können.
Der Mangel an Lehrkräften verschärft die Lage. Unausgebildete Quereinsteiger*innen mit schlecht bezahlten Sonderverträgen und Schnellsiedeausbildungen sind keine Lösung.
Wir fordern Maßnahmen zur Attraktivierung des Lehrberufs und hochwertige Ausbildung für all jene, die in der Schule mit Kindern zu tun haben.

Wir fordern für Quereinsteiger*innen ordentliche Bezahlung und ein faires Angebot zur Nachqualifizierung.
Wir fordern administratives Personal für alle Pflichtschulen.
Wir fordern die Gemeinsame Schule aller 6 bis 15jährigen, um Chancengerechtigkeit herzustellen.
Wir fordern die Abschaffung der Noten in den ersten drei Schuljahren.
Wir fordern Doppelbesetzung in allen Volksschulklassen.

All diese Maßnahmen werden Kinder und Lehrer:innen nützen, weil sich in entspanntem Umfeld besser lernen lässt.
Die gravierenden Verschlechterungen im Bereich der Integration, die in letzter Zeit zum Tragen kamen, müssen schnellstmöglich zurückgenommen werden.
Höchstens 20 Schüler:innen pro I-Klasse, davon maximal 5 SPF-Kinder!!
Alles andere verdient die Bezeichnung Integration nicht. Ob die Bezeichnung „Inklusion“ angebracht sein wird und wofür, muss sich erst weisen. Alle Schüler:innen, ungeachtet ihrer besonderen Bedürfnisse, ohne spezielle Förderung in die Pflichtschule zu stecken, ist keine Inklusion und widerspricht der UN-Resolution für  Menschen mit Behinderung[2].

Wir fordern ausreichend Fachpersonal, das Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen kann.
Die österreichische Pflichtschule zerfällt in neun voneinander unabhängige Einheiten, an denen sich auch die Struktur der Personalvertretung orientiert. Das Fehlen einer bundesweiten Ebene der Personalvertretung begünstigt provinzielle Perspektiven.
Wir fordern einen bundesweiten ZA für die Pflichtschule, um dem entgegenzuwirken.
Im vergangenen Jahrzehnt wurde Schule von unausgegorenen Reformen überrollt.
Wir fordern die wissenschaftliche Evaluierung von Reformen.

Diese Deklaration erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, ist jedoch als erster Schritt in Richtung eines emanzipatorischen Schulsystems allemal brauchbar.

[1] Anm.: mit „Test“ sind hier nicht Coronatests, sondern oben genannte gemeint
[2] Eine umfassende Erklärung findet sich im Kreidekreis Nr. 6 2021, Seite 6