Editorial des Kreidekreis 2-20

Ein Herbst wie kein anderer.

Von PETER NOVAK

 

 

 

Sie ist einfach da. Wie das neue Haus auf der Wiese nebenan, wie die neue Ampel an der Kreuzung. Gekommen, um zu bleiben. Covid-19 ist im Frühjahr einfach zu uns gekommen. Und wird bis auf weiteres bleiben. Wie ein Tuch breiten sich Krankheit und ihre Folgeerscheinungen über uns alle aus.

 

Nicht wie das Tuch eines Zauberers, das verhüllt, was wir unbedingt sehen möchten. Eher wie ein Leichentuch.

 

 

Im besten Fall ist Covid-19 wie ein Teppich, unter den wir momentan alles kehren müssen. Niemand spricht über Leistungsniveaus in der MS, den neuen Lehrplan der PTS, Schuleingangsscreenings und Deutschförderklassen in der VS. Dass sich die Schere zwischen bildungsnahen und bildungsfernen Schichten immer weiter auftut, wird stillschweigend zur Kenntnis genommen.

 

 

Unser ganzes Tun und Wirken in der Schule wird bestimmt von Abstandsregeln, Hygienemaßnahmen und diffusen Ampelregelungen, wodurch wir alles andere, was uns eigentlich beschäftigen sollte, stumm über uns ergehen lassen.

 

Fremdbestimmt ordnen wir uns den Corona-Bestimmungen unter, befolgen brav die Anweisungen aus den Ministerien.

 

 

Und es regt sich – Gott sei Dank – Widerstand. Zumindest in Gedanken werden Erlässe hinterfragt, im Konferenzzimmer debattieren Kolleg*innen über die Corona-Ampeln und Maskenpflicht. Man kann zu Corona stehen, wie man will, doch eines gilt für uns alle: Wir sind Pädagog*innen. Wir unterrichten, erziehen, helfen und sind Vorbilder.

 

Vorbilder gibt es seit der Antike und noch viel länger. Allen Vorbildern ist eines gemeinsam: Sie sind berechenbar, man kann sich darauf verlassen, dass sie auf diese oder jene Art reagieren und handeln.

 

 

Diese Verlässlichkeit, Berechenbarkeit ist wichtig in einem System, das nach wie vor auf Sozialkontakten basiert. Unsere Schüler*innen verlassen sich auf uns, für manche sind wir die wichtigsten Bezugspersonen.

 

 

Aber auch wir fordern von unseren Vorgesetzten Verlässlichkeit, Kontinuität.

 

Wie weit ist es her mit der Verlässlichkeit, wenn der Gesundheitsminister eine Corona-Ampel einführt, die Bildungsdirektionen eigene Ampelregungen forcieren und der Bildungsminister in diversen Briefen „Gesundheitstipps“ anführt? Traut eine Instanz der anderen nicht zu, angemessen auf diese Situation zu reagieren? Das erinnert mich an einen Western mit einem lächerlichen Cowboy, der seinem Gürtel nicht traute und deswegen noch Hosenträger trug...

 

Verärgert und desillusioniert müssen wir ansehen, wie unser BM Faßmann Unterricht und Singen im Freien verschreibt, als würde die entnervte Mama sagen: „Geht’s a bisserl raus spielen!“ Einfach lächerlich.

 

 

Dicke Corona-Maßnahmenkataloge werden ausgeschickt, zahlreiche Erlässe regeln bis ins kleinste Detail, wie wir den Eltern gegenüber reagieren müssen. Und wenn ein Schüler mit laufender Nase vor uns steht, sollen wir „situationsangepasst“ reagieren? Der Herr Minister übersieht, dass wir kein medizinisches Fachpersonal sind. Wenn es eng wird, dürfen wir selbst entscheiden. Naja, Mangelverwaltung (als „Autonomie“ getarnt) kennen wir ja.

 

 

So allumfassend Corona zurzeit ist, wir dürfen nicht zulassen, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt, es gibt auch eine Schule und ein Leben abseits von Covid-19. Wem das Corona-Maßnahmen-Varieté zu bunt und anstrengend wird, für den ist die eigene Psychohygiene wichtiger denn je. Hygiene ohne Maske, Händewaschen oder Babyelefanten. Auch bei diesen muss man ausmisten…

 

zurück zu TEXTE