Schall und RAUCH

 

ein paar Gedanken zu den Bildungsplänen der Regierung

 

Die neue Regierung ist fertig gebastelt, auch das Thema Bildung kam neben der wichtigen Materie Rauchfreieheit auch vor. Der Bildungs-minister Faßmann hat nach den Plänen von Kurz und Strache nicht viel zu tun in nächster zeit, denn echter Reformwille sieht schon ein bisserl anders aus. Im folgenden Text geht es um einige Vorhaben der neuen Regierung - was tatsächlich umgesetzt wird (von der verbalen Benotung der LehrerInnen durch ihre SchülerInnen bis zu den Herbstferien) wird sich erst in der täglichen Regierungsarbeit zeigen. Die Auflistung ist unvollständig! Zum Regierungsprogramm geht es hier!

 

Die Ganztagesschule wird ausgebaut, das wurde relativ bald während der Koalitionsverhandlungen mit Kuschelcharakter medial rausposaunt. Die 750 Millionen Euro, die die rote Exministerin Hammerschmid für den flächendeckenden Ausbau dieser Schulform als Summe genannt hat, gilt auch unter türkis-blau. Und die Ganztagesschule macht ja tatsächlich Sinn. Untersuchungen belegen, dass die SchülerInnen- sowie die LehrerInnen-zufriedenheit an solchen Schulen höher ist als an Halbtageseinrichtungen. Auch der Lernerfolg, vor allem bei benachteiligten Kindern, wie lernschwachen oder migrantischen, ist höher ausgeprägt. Nur ein Prozent der Ganztages-schülerInnen müssen eine Schulstufe wiederholen – im Gegensatz zu beträchtlichen fünf Prozent an Halbtagesschulen. Somit kommt der Ausbau der Ganztagesschule den sozial schwächeren SchülerInnen auf jeden Fall zugute.

 

Was unklar bleibt: wie wird der Inklusionsgedanke an den Ganztagesschulen (die ja alle NMS sind) gelebt werden? Davon ist bis dato noch nichts bekannt geworden. Vermutlich haben die koalitionären VerhandlerInnen darauf vergessen. Dass Inklusion im Übrigen eine Aufgabe der Volks- und Neuen Mittelschulen sein wird, ist auch klar. Das denkmalgeschützte Gymnasium bleibt ja in aller Pracht erhalten, soll mitunter sogar noch aufgwertet werden. Auch der sehr sinnvolle, 2016 eingeführte Chancenindex taucht nicht in den neuen Bildungsplänen auf.

 

Dafür anderes. Der externe Bildungsprofi Salcher (der für die ÖVP seine woher auch immer genommene Expertise zur Verfügung stellte) forderte den Leistungsgedanken an unseren Bildungseinrichtungen ein. Die Ziffernnote soll es so wieder ab der ersten Klasse Volksschule geben. Ein Schritt in das frühe 20. Jahrhundert. Auch eine etwaige Befähigungstestung für das Gymnasium am Ende der vierten Klasse Volksschule wurde zumindest laut ausgesprochen. Eine Testung mehr, Danke für nichts!

 

Weiters eine interessante Regelung betrifft das eventuell verpflichtende zweite Kindergartenjahr. Dieses muss nach dem ersten im Fall der Fälle angehängt werden. Soll dieses Jahr die Vorschule ersetzen (die auch wieder seperat kommen soll)? Man weiß es nicht so genau. Ein weiterer schwammig formulierter Punkt des Bildungsprogramms.

 

Die reine Ausländerklassen müssen eingerichtet werden. Ein Nichtneuerung, denn offene Sprachklassen für frischzugewanderte Kinder gibt es auch jetzt schon. Dort verbringen die noch nicht deutsch sprechenden Kinder eine gewisse Zeit, in der sie grundlegendes Deutsch lernen sollen. Allerdings ist das Ziel jenes, diese Kinder so schnell wie möglich in Regelklassen unterzubringen. Denn Deutsch lernt man am besten mit Gleichaltrigen, so sagen es die ExpertInnen. Aber wozu auf BildungswissenschaftlerInnen hören, wenn man Herrn Salcher an seiner Seite weiß!

 

Dass das jetzige zweigliedrige Schulwesen da wenig hilfreich ist, ist klar: migrantische Kinder mit Sprachproblemen treffen in den städtischen Schulen auf migrantische Kinder mit Sprachproblemen. Egal, das Gymnasium muss bleiben!

 

Zu guter Letzt die großartigste Bildungsreform seit Platons Idee eines lebenslangen Lernens: die Einführung der Herbstferien zwischen dem 26. Oktober und 2. November. Ein Erklärungsstrang von türkis-blau: die heimische Tourismuswirtschaft wird dadurch angekurbelt. Doch selbst TouristikerInnen greifen sich da an die Stirn. Das heimische Wetter Ende Oktober lädt kaum zum Baden, Schifahren oder Wandern ein. Ausser der Klimawandel (den es laut HC Strache ja so gar nicht gibt) kommt schneller als gedacht und der Sommer geht erst im Dezember nahtlos in den Winter über.

 

Zudem gilt die Ferienregelung ja auch nicht für die LehrerInnen, denn die müssen in dieser Zeit verpflichtende Fortbildungen machen. Die 127.896 LehrerInnen Österreichs werden also an (im Schnitt) drei Werktagen Ende Oktober beschult werden. Durch wen und wo? Keine Antwort. Vermutlich durch DirektorInnen mit Selbstbeweihräucherungsattitüde in den Fußballstadien des Landes, denn die sind groß genug. Auch hier sagen Bildungsmenschen und sogar die Eltern- wie SchülerInnenvertreter: Herbstferien zu diesem Zeitpunt braucht es nicht.

 

Interessanter Nebenaspekt: die Schulautonomie ist ja auch den Türkisen sehr wichtig (zumindest waren sie im Frühjahr 2017 noch ganz stark dafür). Warum werden dann Herbstferien eingeführt und die schulautonomen Tage gestrichen? Auch hier passt etwas nicht zusammen. Eine Verkürzung der Sommerferien auf acht Wochen wird es wohl nicht spielen, da würde der gewerkschaftliche Gegenwind ganz beträchtlich sein.

 

Wir Unabhängige LehrerInnen Oberösterreichs sagen da ganz klar: die schulautonomen Regelungen bezüglich freier Tage sollen bleiben, denn die Schulen an ihren Standorten wissen am besten, wie freie Tage zugunsten ihrer SchülerInnen zu legen sind.

 

Die Bildungspläne der neuen Reformregierung (Eigendefinition) sind also überschaubar, doch näheres weiß man nicht. Wir werden der neuen Regierung ein gesundes Maß an Skepsis entgegenbringen und dann konstruktiv aktiv werden, wenn die ersten konkreten Pläne auf dem Tisch liegen. Doch es gilt: abzuwarten, welche konkreten Schritte tatsächlich gesetzt werden, vielleicht findet sich ja auch Sinnvolles. Und ehrlicherweise muss gesagt werden: die letzten Jahre brachten auch nicht gerade substantielle Fortschritte in den heimischen Schulen.

 

Lisa Nimmervoll im STANDARD hat sich das Bildungskapitel vorgenommen, nachzulesen hier!

 

Timo Brunnbauer

 

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